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Neues aus den Vereinen  

„Eine Kooperationsverhandlung kann sich über mehrere Monate hinziehen“

Interview mit Sven Trautner von Ping Pong Parkinson Bayern/STADA-Cup am 22. April in Schwabach

Sven Trautner. Fotos: privat

Immer mehr Menschen mit der Diagnose Parkinson finden über Ping Pong Parkinson Zugang zum Tischtennis. Auch in Bayern kommen in unregelmäßigen Abständen neue Standorte dazu, in Kürze wird es das erste bayerische Turnier (PPP-STADA-Cup) geben. Der bayerische Landesleiter Sven Trautner freut sich am heutigen Weltparkinsontag derweil auf die German Open in Düsseldorf.   

Deutschlandweit wurde vor ein paar Tagen das 1000. Mitglied aufgenommen (Nummer 999 ist der Verein Borussia Düsseldorf) und Ping Pong Parkinson wächst weiterhin in Bayern rasant. Es kommen immer weitere Standorte dazu, mittlerweile sind es über 20. Das Potenzial ist aber bestimmt noch nicht ausgeschöpft. Wie hoch schätzt du es ein?

Sven Trautner: Ja, Bayern wächst, aber in manchen Regionen ist es sehr schwer, einen geeigneten Standort zu finden. Realistisch gesehen, sind rund 35 Standorte. Ganz neu sind Beratzhausen und Königsbrunn dabei. Aktuell suche ich im Raum Berchtesgaden am dringendsten einen Verein.

Welche „dicken Bretter“ müsst Ihr im Zweifel bohren?

Sven Trautner: Das ist ganz unterschiedlich. Manche Vereine sind sofort Feuer und Flamme und gleich mit im Boot. Bei andere braucht es ein klein wenig Überzeugungsarbeit und bei manchen muss man aus dem Vollen schöpfen, um sie für Tischtennis gegen Parkinson zu begeistern. Deshalb kann sich eine Kooperationsverhandlung durchaus über mehrere Monate ziehen. Oft sind es die „klassischen“ Vorbehalte. Man spürt, dass die Vereine etwas „Angst“ haben, weil sie nicht wissen, was sie erwartet. Mit Parkinson können viele nichts anfangen. Da heißt es dann Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit zu leisten. In den meisten Fällen gelingt es dann auch. Oft wären Vereine prinzipiell bereit, aber es fehlt an Kapazitäten. Zu wenig Platz, zu wenig Tische oder schlicht keine freie Trainingszeit. 

Ein Argument, warum ein Standort nicht umgesetzt werden kann, ist also, dass die Halle per se zu klein ist oder zu viele Spieler an wenigen Tischen bereits trainieren. Welche Gründe gibt es noch?

Sven Trautner: Viele Vereine konzentrieren sich auf die Punktspiele und den Ligabetrieb. Dementsprechend gibt es kaum Angebote für den Breitensport. Sprich, hat der Spieler nicht einen gewissen TTR-Wert, ist es uninteressant für viele. Klar, gibt es auch bei PPP etliche Spieler, die an Ligaspielen teilnehmen, aber die meisten der Spieler betreibt Tischtennis in Form von Therapie und Freizeitsport. Da muss man schon ab und an die gesellschaftliche Verpflichtung in Erinnerung rufen, die jeder eingetragene Verein hat.

Wo befinden sich für dich die weißen Flecken, die Ihr gerne besetzen würdet?

Sven Trautner: Der Raum Niederbayern, Allgäu, Teile der Oberpfalz und Oberfranken. Da haben wir den meisten Nachholbedarf.

Was sind die PPP-Spieler bereit, fürs Training Strecken zurückzulegen?

Sven Trautner: Das kommt drauf an, wie mobil der Spieler noch ist. Manche können selbst noch fahren, andere müssen gefahren werden. Muss er mit öffentlichen anreisen, lebt er in einer Großstadt oder auf dem Land usw. – all das spielt eine Rolle. Viele nehmen 20 bis 30 Minuten Fahrzeit in Kauf.

Zuletzt musste ein Standort aufgegeben werden, der beim TV Glaishammer. Warum?

Sven Trautner: Aufgeben ist nicht ganz richtig, wir haben den Standort nur verlagert. Der TV Glaishammer war in Nürnberg der Verein der ersten Stunde, dafür bin ich sehr dankbar. Leider hat sich der Standort jedoch nicht wirklich durchsetzen können. Jetzt sind wir nur ein paar Meter weiter beim DJK Falke untergekommen. Beim DJK gibt es nämlich bereits ein Mitglied, das an Parkinson erkrankt ist und auf uns aufmerksam wurde.

Der TSV Schwabhausen schließt sich nächste Saison dem TSV Dachau an. Darf weiterhin in der Schwabhausener Heinrich-Loder-Halle trainiert werden oder zieht Ihr mit nach Dachau um, was eine bessere Anbindung an den ÖPNV bedeuten würde?

Sven Trautner: Wie es hier weitergeht, werden die Mitglieder vor Ort in den nächsten Wochen entscheiden. Die Mehrheit ist wohl für einen Umzug. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen: Dachau ist mir zu weit weg.

"Das ist schon eine kleine Sensation, dass wir als PPP in Düsseldorf bei der Borussia das Turnier austragen dürfen. "

Sven Trautner

PPP ist ein eingetragener Verein, 12 Euro zahlt ein Mitglied pro Jahr, was sehr wenig ist…

Sven Trautner: 12 Euro im Jahr ist tatsächlich nicht viel. Das hängt aber auch damit zusammen, dass es schon Pflicht ist, beim jeweiligen Verein vor Ort Mitglied zu werden, was je nach Verein schon mal bis zu 200 Euro im Jahr kosten kann. Wenn dann wir auch noch eine größere Summe verlangen würden, wäre die Hemmschwelle einfach zu groß. Wir finanzieren uns überwiegend durch Sponsoren und Spenden. Und jeder in unserem Verein, vom 1. Vorstand bis zum Stützpunktleiter, arbeitet ehrenamtlich.

In Anlehnung an die Parkinson Runs in den USA soll es am 16. April in drei deutschen Städten einen PPP-City-Walk geben. Mit dabei ist München. Findet der City Walk in der Landeshauptstadt statt?

Sven Trautner: Leider nicht, der organisatorische Aufwand, so eine Aktion in einer so großen Stadt wie München stattfinden zu lassen, übersteigt unsere Kapazitäten. Der City-Walk wird jetzt in Nordhorn und Münster stattfinden.

Auf Eurer Homepage steht unter den Zielen für 2023 auch, dass die Zugehörigkeit geklärt werden soll. Verband, Verein oder Selbsthilfegruppe - wo siehst du PPP angesiedelt?

Sven Trautner: Das ist ein heikles und schwieriges Thema. Für eine Selbsthilfegruppe machen wir angeblich zu viel Sport. Für manche Entscheidungsträger bieten wir zu viel Selbsthilfe an. Wir kombinieren das Ganze, Tischtennis ist für uns die sportliche Selbsthilfe. So ein Konzept tut sich schwer, angegliedert zu werden. Ich sehe uns am ehesten in einem Verband, wie z.B. dem deutschen Behindertensportverband. Aber da gibt es einiges abzuwägen: Was für Verpflichtungen geht man ein? was für Kosten kommen auf einen zu? Da steckt unsere Vorstandschaft viel Zeit und Energie rein. Warten wir mal ab, wohin die Reise geht.

Die einen spielen nur zu Spaß oder aufgrund ärztlichem Rat, ohne dass Sieg oder Niederlage im Vordergrund stehen. Wie groß schätzt du den Anteil der Sportlich ambitionierten? Wie viele PPP-Mitglieder aus Bayern haben eine Spielberechtigung für einen Verein?

Sven Trautner: In Bayern sind fünf, sechs Spieler. Sportlich ambitioniert sind aber weit mehr. Das sieht man schon daran, dass sehr viele PPPler aus Bayern sich wieder für die German Open gemeldet haben.

Nach Nordhorn (Sitz des Vereins) und Bad Homburg finden eben die 3. German Open dieses Jahr in Düsseldorf (18. bis 21. Mai) statt, die 200 Startplätze waren innerhalb eines Tages vergeben. Ist es eine Ehre, in der Spielstätte des Rekordmeisters diese austragen zu dürfen?

Sven Trautner: Das ist schon eine kleine Sensation, dass wir als PPP in Düsseldorf bei der Borussia das Turnier austragen dürfen. Da ist den Organisatoren ein ganz großer Wurf gelungen. Das hilft uns natürlich enorm, den Bekanntheitsgrad von PPP zu erhöhen. Und klar, ist das für jeden eine Ehre, in den heiligen Hallen an der Platte zu stehen.

Inzwischen gibt es Ping Pong Parkinson Magazin auf Youtube nicht für Bayern, sondern für Deutschland. Wie kam es dazu?

Sven Trautner: Dafür ist unser 1. Vorsitzender Thorsten Boomhuis verantwortlich (lacht). Der wollte damals, nach der ersten Ausstrahlung des Bayern Magazins schon, dass es auf ganz Deutschland ausgeweitet wird, weil er das Format klasse findet. Da habe ich aber noch nicht so mitgezogen (lacht). Als ich im vergangenen Jahr auf der Landesleitertagung in Nordhorn war, hat Thorsten mich beim Abendessen doch davon überzeugt, dass dieses Format für ganz Deutschland gut ist. Langfristig möchte man so auch den Sponsoren eine weitere Plattform bieten. Im Vordergrund stehen aber die Stützpunkte und ihre Mitglieder, für die ist das Magazin ins Leben gerufen worden.

Ende 2022 gab es ein Trainingswochenende in Halle im Münchner Stadtteil Milbertshofen, wo sonst der BTTV-Kader trainiert. Hierbei war TopSpeed mit im Boot. Wie sah die Zusammenarbeit aus? War das ein Schritt hin zur mehr Professionalisierung? Ist ein weiteres Trainingswochenende geplant?

Sven Trautner: Da hatte unser Regionsleiter für Oberbayern, Jürgen Zender, eine klasse Idee mit dem Wochenende. Es war auch schnell ausgebucht, was dafür spricht, es zu wiederholen. Ich bin mir sicher, wir sind da nicht zum letzten Mal gewesen.

Professionalisierung finde ich ein wenig zu "hoch" gegriffen. Ich finde, es zeigt einfach, wie breit der Verein aufgestellt ist. Vom Freizeitsportler, der einfach in Bewegung bleiben möchte, bis hin zu denen, die mehr aus sich herausholen wollen. Für Letztere sind solche Lehrgänge super. Top Speed hat uns drei Trainer gestellt. Unterschiede zu den Lehrgängen für gesunde Spieler gab es keine. Nur beim Aufschlag wurde nicht ganz so genau hingeschaut. Aber ansonsten wurden wir rangenommen, wie jeder andere auch.

Ping Pong Parkinson e.V. wurde am 2. Februar 2020 von sieben Gründungsmitgliedern in Nordhorn ins Leben gerufen. Bundesweit wird inzwischen mit über 170 Sportvereinen kooperiert. Ehrenmitglied ist Bundestrainer Jörg Roskopf. Für Mitglieder ohne Stützpunkt in der Nähe oder einen schwer zu erreichenden wurde das Projekt VR-Brille gestartet. Mit einer Spendenaktion will PPP jeden Stützpunkt damit ausstatten, damit auch von zuhause aus virtuell mit der 3D-Tischtennis-Simulation ELEVEN-TT gespielt werden kann. Ein großes Ziel für dieses Jahr ist die Etablierung des PPP-STADA-Cup. In Bayern findet das erste Turnier am 22. April um 10 Uhr in Schwabach (Stützpunkt beim TV 1848) statt.

Sven Trautner in Aktion.
Der 1. STADA-Cup in Bayern findet am 22. April beim TV 1848 Schwabach (hier mit Abteilungsleiter Mathias Ullrich, rechts) statt. Foto: Archiv

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