Neues aus den Vereinen
Anke Leidenberger: Vom Tischtennis-Virus infiziert
Ping-Pong-Parkinson-Sportler schlagen von 25. bis 30. September bei der Weltmeisterschaft in Wels auf
Am kommenden Dienstag beginnt die Ping-Pong-Parkinson-Weltmeisterschaft mit Teilnehmenden aus 23 Nationen (darunter erstmals auch aus Irland, Australien und Ungarn) in der Messehalle Ost 1 von Wels. Anke Leidenberger aus Dietersheim wird auch dabei sein. Mit welchen Erwartungen sie nach Österreich fährt, lest Ihr im folgenden Interview.
Hallo Anke, erstmals nimmst du an einer WM teil. Wie groß ist die Vorfreude bei dir? Mit welchen Erwartungen fährst du nach Wels?
Anke Leidenberger: Die Vorfreude ist riesig und wird mit jedem Tag größer! Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit ganz vielen unglaublich tollen Menschen, die ich bei den German Open in Düsseldorf und übers Tischtennis spielen kennengelernt habe. Wir sind eine Gruppe von Athleten und Freunden, die gemeinsam zur WM nach Wels fahren. Unsere Countdown-App ist schon seit über 100 Tagen aktiv...
Wann reist du an und wie viele Tage bleibst auf jeden Fall? Wirst du dir auch die Stadt und Region etwas anschauen?
Gemeinsam mit meiner Freundin und Doppelpartnerin Claudia Rehr und deren Doppelpartner Gunnar Sahr werden wir am Sonntag hinfahren und bis nächsten Sonntag bleiben. Sicherlich bin ich interessiert an der Stadt und der Region. Aber am liebsten wäre es mir, wenn ich möglichst lange und viele Tage in den stickigen Messehallen von Wels verbringen würde.
Auch wenn bei Euch mehr der Spaß im Vordergrund steht, verlieren und frühzeitig ausscheiden will keiner. Wie lautet Deine Zielsetzung in den Wettbewerben?
Ich stehe in Wels genau ein Jahr und drei Tage, nachdem ich in Dietersheim mein erstes Probetraining hatte, bei einer Weltmeisterschaft am Tisch. An der Seite von meinem „Goldmädchen“ Claudia und einem amerikanischen Goldmedaillenträger in der Klasse 1 im Mixed (Anm. d. Red: Die Rede ist vom Amerikaner Navin P. Kumar). Das ist schon derart verrückt, dass alles möglich erscheint. Ich will einfach mein Bestes geben, nach den German Open bin ich nun in Klasse 2 hochgestuft worden. Es wird super spannend werden, Spieler aus der ganzen Welt kennenzulernen und sich mit ihnen zu messen. Aber besonders wichtig ist mir, meinem Sohn zu zeigen, wie ich der Krankheit die Stirn biete und dadurch die Leute stolz auf mich sind.
„So seltsam es klingen mag, ich fühle mich wie ein kleiner Glückspilz“
Wurden zur WM hin ein paar Zusatzschichten eingelegt?
Ja! Zum einen hatten wir die Gelegenheit, mit Karsten Reiß, früherer Bayerischer Meister der Senioren (Anm. d. Red.: Zweifach-Triumph 2011, Q-TTR: 1982), der in der Verbandsoberliga beim TV 1848 Erlangen spielt, trainieren zu können. Das absolute Highlight war jedoch unser WM-Trainingslager der „Happy-Parkis“ (Anm. d. Red: so nennt sich eine Facebook-Gruppe) mit dem mehrfachen Parkinson-Weltmeister Norbert Hase. Wir haben ihn spaßeshalber gefragt, ob er für ein Trainingslager zur Verfügung stehen würde und er war sofort dabei. Ein grandioses Wochenende mit 16 Spielerinnen und Spielern. Das schreit unbedingt nach einer Wiederholung.
Der Tripp im Mai zu den German Open hat sich für dich gelohnt. Gold im Doppel, Silber im Einzel und Bronze im Mixed. Kann man das noch toppen?
Es ist kaum vorstellbar, zumal ich, wie gesagt, in eine höhere Klasse gerutscht bin. Andererseits: wer hätte von den Erfolgen in Düsseldorf zu träumen gewagt? Ich bin ein grenzenloser Optimist. Deswegen: Sag niemals nie!
Wie äußerst sich bei dir die Krankheit? Wie gehst du damit um, dass sie dich einschränkt?
Ich habe meine Parkinson-Diagnose im November 2021 erhalten. Ich hatte starke Erschöpfungszustände und Probleme an der linken Körperseite im Bereich der Feinmotorik. Mein Arm schwingt beispielsweise beim Gehen nicht mit. Bei mir äußert sich die Krankheit vor allem durch eine Versteifung im Bereich des Nackens und Brustkorbs, neuerdings auch durch gelegentliches Zittern. Die Off-Phasen, d. h. die Zeiten, in denen die Medikamente nicht wirken, nehmen zu.
Dennoch lasse ich mir von dieser Krankheit nicht die Freude am Leben nehmen. Ich bin unter 40, habe eine wunderbare Familie und kenne so viele tolle Menschen im privaten und beruflichen Umfeld. Ich lasse den Kopf nicht hängen und verplempere somit nicht die gute Zeit. Aber ich lebe bewusster. Außerdem habe ich durch meine Erkrankung so wunderbare, wertvolle Menschen kennengelernt und meine große Leidenschaft, das Tischtennis, entdeckt! So seltsam es klingen mag, ich fühle mich wie ein kleiner Glückspilz.
Wissenschaftlich erwiesen ist es zwar - noch - nicht, dass Tischtennis gegen Parkinson hilft, aber eigentlich jeder berichtet von positiven Effekten. Welche sind es bei dir beziehungsweise wie lange dauern diese an?
Ich fühle mich am Tisch spritzig, schnell und beweglich. Das Tischtennisspielen macht mir Spaß und schenkt mir Lebensfreude. Es gibt mir auch den Ehrgeiz und die Motivation, etwas zu tun und zu trainieren. Diese Wirkung hält an, seitdem ich mich mit dem Tischtennis-Virus infiziert habe.
Am Stützpunkt Dietersheim trainierst du. Kannst du dir irgendwann vorstellen, auch in einer Mannschaft an der Punkterunde teilzunehmen, so wie es Hubert Rosskothen seit dieser Saison beim TSV Neumarkt/St. Veit macht?
Ein eindeutiges Ja. Ich glaube, es würde mir riesigen Spaß machen, zumal ich auch sehr gerne mit den Spielern der Dietersheimer Mannschaften trainiere.
Dann steht einer Spielberechtigung doch in der Zukunft nichts im Wege...Danke Anke für das Interview!
Die bayerischen Teilnehmer (Liste ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Jürgen Zender, Ulli Heyd (neue Regionsleiterin Oberbayern), Manuela Kania, Dietmar Einerhand, Katharina Schmidbaur, Hubert Hain, Hubert Rosskothen, Claudia Rehr, Anke Leidenberger, Ernst Amon, Jörg Fuhr, Andrea Müllner, Manfred Hertlein, Franz Kirzinger, Martin Schneider, Erich Schragner, Reinhard Kaltenegger, Thomas Lutter und Landesleiter Sven Trautner.