Mitte März hatten wir über die vom TuS Fürstenfeldbruck initiierte Hilfsaktion für geflüchtete Menschen aus der Ukraine berichtet und zu Unterstützung bei der Beherbergung oder ersten Integrationsschritten (Einladung in das Vereins-Training) aufgerufen. Seitdem ist einiges passiert.
Der TTC Schimborn (Landkreis Aschaffenburg) hatte mit einem zweisprachigen Flyer ein Trainingsangebot unterbreitet; in der vergangenen Woche trainierte beim TTC erstmals eine ukrainische Familie mit. Der Kontakt kam über einen ukrainischen Arzt zustande, der bereits beim ersten russischen Einmarsch 2014 nach Deutschland geflohen war und in seiner Heimat zumindest freizeitmäßig Tischtennis spielte. „Dima hat die Familie bei sich aufgenommen. Er lebt mit Frau und Kind in einer 3-Zimmer-Wohnung. Einen Monat haben sie zu siebt darin gewohnt“, berichtet Florian Stein, Schimborns Jugendwart. Mittlerweile konnte die ukrainische Familie in einer leerstehenden Hausmeister-Wohnung untergebracht werden. Den Kontakt vermittelte Stein selbst, der am Landratsamt Aschaffenburg tätig ist.
Mit Tischtennis war die Familie bislang nicht in Berührung gekommen. Der 12-jährige Sohn könnte künftig – wenn er dabeibleiben möchte – in die Jugend-Mannschaft integriert werden, die anderen Jungs in Schimborn sind im gleichen Alter. Die 16-jährige Tochter spielte in der Heimat Volleyball. Florian Stein möchte sie zu einem Volleyball-Verein im Nachbarort lotsen und hat bereits Kontakt aufgenommen. „Mir ist wichtig, dass die Menschen etwas tun und in Vereine integriert werden. Da ist es egal, ob es Tischtennis oder Volleyball ist.“
Weil die Familie, so Stein, „mit fast Nichts“ ankam, wurde schnell gehandelt. Mit einer Geldspende des örtlichen REWE-Marktes und den günstigen Konditionen des Partner-TT-Shops wurde die Familie mit Schuhen, Trikots, Hosen ausgestattet.
„Eine Chance für Vereine“
Die Hilfsbereitschaft aus der Tischtennis-Szene ist groß. Die TT-Abteilung des TSV Lauf in Mittelfranken half zu Kriegsbeginn bei der Beherbergung von 180 Geflüchteten. Viele Vereine wollen helfen, ein Angebot auf die Beine stellen, wissen aber nicht immer wie sie vorgehen bzw. ihr Angebot verbreiten sollen.
Florian Stein, der als Landratsamtsmitarbeiter sehr gut vernetzt ist und mit den aktuellen Gegebenheiten der Kommunen vertraut ist, rät Vereinen dazu, sich zum Beispiel über das Rathaus ins Gespräch zu bringen. „Die geflüchteten Menschen müssen sich beim Rathaus melden, um einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung zu erhalten. Dabei erhalten sie eine Willkommensmappe, in die man zum Beispiel einen zweisprachigen Flyer des Vereins mit hineinlegen könnte“.
Auch Schulen seien für Vereine ein guter Anknüpfungspunkt. Vielerorts starten Willkommensklassen, in denen man für die Sportart bzw. den Verein werben könne. Stein sieht da für Vereine durchaus eine Chance.
Florian Steins Bruder Matthias, Abteilungsleiter Tischtennis beim FC Bayern München, hat ebenfalls ein Angebot in die Wege geleitet. Weil bei den Münchnern die Hallenkapazitäten sehr stark begrenzt sind, bietet der FCB eine Teilnahme am Training für geflüchtete Kinder, Jugendliche, Erwachsene an, die bereits in ihrer Heimat aktiv Tischtennis spielten. „Daneben veranstalten wir derzeit ein wöchentliches vereinsinternes Race-Turnier. Die dabei gezahlten Startgelder (1 Euro pro Teilnahme) werden wir für ein geeignetes Hilfsangebot für ukrainische Geflüchtete spenden“, berichtet Matthias Stein.
Europäische Topspielerin trainiert im LZ München
Im Leistungszentrum (LZ) München leben und trainieren seit zwei Wochen drei Mädchen-Nationalspielerinnen aus der Ukraine. Nach einigem Hin und Her konnte das Trio im Haus der Athleten (HdA) aufgenommen werden und nimmt am täglichen Training der Gruppe teil. Die Kosten für die Unterbringung im HdA übernehmen die Stadt München bzw. staatliche Stellen. „Die Mädchen sind so glücklich, dass sie hier bei uns sind und auch für die gesamte Gruppe ist das richtig schön“, sagt Verbandstrainerin Krisztina Toth, die sich mit ihrem Kollegen Dustin Gesinghaus um die Organisation und Vermittlung kümmerte. Die Familien der drei befänden sich im Heimatland aktuell in Sicherheit. Menschlich wie sportlich sei das Trio eine Bereicherung, so Toth. Eine Gastspielerin, Veronika Matiunina, Siegerin des Europe Youth Top Ten der Schülerinnen, gehört in ihrem Jahrgang zu Europas Besten.