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Einzelsport Erwachsene  

Noch 15 Weltranglistenplätze entfernt vom großen Traum

Para-Tischtennisspieler Nikolai Sommer spricht beim BLSV-Neujahrsempfang über seine Behinderung und seine Ziele in der Zukunft

Nikolai Sommer (Mitte) im Interview mit BLSV-Präsident Jörg Amon (links) und BLSV-Geschäftsführerin Prof. Dr. Susanne Burger (rechts). Fotos: Jürgen Renner

Nikolai Sommer ist derzeit ein heißes Eisen im bayerischen Para-Tischtennis. Der 24-Jährige war zu Gast beim Neujahrsempfang des Bayerischen Landesport-Verbands (BLSV) und wurde ausführlich interviewt.

Im Alter von sechs Jahren begann Sommer mit dem Sport und entdeckte sein Talent für das Skifahren. Schnell war klar, dass seine Leistungen für die Spitze reichen könnten und er gefördert werden muss. Gerade, als er schon recht weit oben angekommen schien, passierte es: Bei einem Kaderlehrgang im Mai 2017 hatte er einen Skiunfall.

„Es war ein ganz normaler Trainingstag. Wir haben Riesenslalom trainiert und es galt für mich zu lernen, die Wellen besser zu schlucken“, schildert er die Ereignisse davon damals. „Ich bin in die Bodenwelle zu schnell reingefahren, weshalb es mich in der Luft nach hinten gedreht hat und ich mit dem Gesäß zuerst im Schnee aufgekommen bin.“ Auch wenn er den Hubschrauberflug in die Klinik „ganz cool“ fand, folgte die Hiobsbotschaft schon wenig später. Eine kaputte Wirbelsäule, die er inzwischen als Tattoo am linken Unterarm trägt. „Ein Arzt hatte mir gesagt, dass ich querschnittsgelähmt sein werde. Anfangs habe ich nur geheult, das war schon hart.“

Er habe sich als damals 16-Jähriger viele Fragen über den Sinn des Lebens gestellt. „Mir war klar, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt. Entweder ich bleibe im Bett und habe kein Bock mehr auf das Leben. Oder ich mache wieder Sport und habe Freude und Spaß am Leben.“

Auf den geplatzten Traum folgt ein neuer Traum

Er entschied sich für Letzteres und machte sich weitere Gedanken. „Ich hatte immer den Traum, zu den Olympischen Spielen zu fahren. Mit dem Unfall war dieser Traum zuerst für mich gestorben. Doch schon eine Woche später hatte ich den nächsten Traum – die Paralympischen Spiele“, erzählt Sommer – und schob die Frage hinterher. „Warum sollten die Paralympischen Spiele weniger Wert sein?“ Inzwischen verfolgt er seinen Traum auch mit einem konkreten zeitlichen Rahmen. „Die Spiele in Paris im vergangenen Jahr habe ich mit Eifer verfolgt. Danach habe ich den Entschluss gefasst, dass ich 2028 in Los Angeles dabei sein will.“ Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, aber Sommer ist sich sicher: „Ich werde es auf jeden Fall schaffen.“

Jedoch nicht beim Ski alpin, sondern im Para-Tischtennis. Derzeit ist er in der Para-Tischtennis-Weltrangliste auf Platz 32, um bei den Paralympischen Spiele in drei Jahren dabei zu sein, muss er mindestens den 16. Platz einnehmen. Dass er diese 15 Ränge bis zur Nominierung gut macht, glaubt er zu schaffen, weil es ein neues Weltranglisten-System gibt. „Mehr Turniere spielen bedeutet mehr Weltranglistenpunkte.“ Jährlich werden ihm zwei gezahlt, die restlichen vier finanziert er aus eigener Tasche. Deshalb hofft er weniger auf Spender, sondern Sponsoren, die ihn langfristig unterstützen. „Es soll eine Win-win-Situation sein, ich will den Unternehmen auch etwas zurückgeben können.“ Ein wichtiger Schritt ist zudem, dass er ab der nächsten Periode dem Förderteam der Bayerischen Sportstiftung angehören wird.

Amtierender Deutscher Meister in der WK4

Zum Tischtennis war Sommer über Freunde gekommen. „Mit denen habe ich aus Gaudi gespielt. Dann habe ich mich bei einem Verein angemeldet und Tischtennis hat mir gleich so viel Spaß gemacht“, blickt der Innsbrucker Sportmanagement-Student mit der doppelten Staatsbürgerschaft (Österreicher und Deutscher) zurück. Bei der Deutschen Meisterschaft in Sindelfingen holte er sich gleich den Titel in der Wertungsklasse 4, Ende Oktober hat der zweifache österreichische Meister sein erstes internationales Turnier gespielt und seitdem, siehe oben, die Weltrangliste ständig im Blick.

„Das ist ein Vollzeitjob“, sagt er zu seinem Trainingspensum. 30 bis 35 Stunden pro Woche verbringt am Tischtennis-Tisch und im Kraftraum. Dabei trainiert er teilweise mit andere Para-Tischtennisspielern, aber auch mit Nichtbehinderten, die aber im Rollstuhl sitzen, um den gleichen Winkel zum Ball zu haben. „Ich gehöre zu einer ganz anderen Generation im Parasport. Alles wird immer professioneller und es steigt das Niveau. Deshalb würde ich schon sagen, dass man beim Behindertensport auch von Leistungssport reden kann.“

Danach zeigte Sommer vor großer Kulisse am Tisch sein Können.
Sommer mit Burger, Michael Gast und Amon
Die kaputte Wirbelsäule als Tattoo am linken Unterarm.

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