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Frage: Bei mir in der Kreisliga hat ein Verein Protest eingelegt - während des Spiels - da ein Kontrahent einen langen Noppenbelag spielte, der lt. dem Protestierenden in der Mitte des Belags "ein komplettes Loch" hatte, also keinerlei Noppenhälse bzw. -köpfe aufwies. Es muss wohl ein hin und her gewesen sein, angeblich hatte dessen Kind vorher mit dem Schläger gespielt und die Noppen abgebrochen. Gespielt wurde das Spiel dann trotzdem, mit 2:3 für den Noppenspieler. Anschließend wollte der Protestierende ein Foto vom Belag machen, als "Beweis" sozusagen, allerdings ließen das die gegnerischen Spieler nicht zu. Ich habe jetzt nur den Protesteinspruch des Vereins A sowie die Aussage des Vereins B, dass die Fläche, auf der die Noppen fehlen, lediglich gering sei. Nachgelesen habe ich folgendes: Auf einer Fläche von 1 cm² müssen mindestens 10, maximal 30 Noppen stehen. Stimmt diese Aussage bzw. wie würde man weiter vorgehen oder dieses Spiel werten, zumal man keinen eindeutigen Beweis hat? (Von: Oliver S., Spielleiter)

Antwort von Torsten Küneth: Hier kann durchaus -muss aber nicht- eine 0:3-Wertung des fraglichen Einzels in Betracht kommen. Ein 9:0 kommt nicht in Betracht, da es kein Verstoß der gesamten Mannschaft im Sinne von WO G8 ist.
 
Unstrittig ist, dass ein Schlägerbelag, bei dem auf irgendeinem qcm weniger als 10 Noppen verblieben sind, regelwidrig ist (TT-Regel A.4.3.1). Die Ursache der Beschädigung ist unerheblich. Wichtig ist dann zunächst WO A16, wonach der Protest gegen den Schläger vor Beginn des betreffenden Einzels eingelegt werden muss - und zwar, indem der Protest sofort auf dem Spielberichtsbogen eingetragen und vom protestierenden Mannschaftsführer unterschrieben wird. Andernfalls ist der Protest in jedem Fall abzulehnen. Aus diesem Grund dürfte z.B. auch nicht das erste Einzel umgewertet werden, falls der Protest erst vor dem zweiten Einzel eingelegt wurde.
 
Die zuständige Stelle muss dann über den Protest entscheiden. Bei Spielen ohne Oberschiedsrichter ist dies der Spielleiter. Da er beim Spiel nicht anwesend ist, ist klar, dass die protestierende Mannschaft eine Beweissicherung vornehmen sollte und auch darf. Ohne dieses Recht wäre die Regelung zu Protesten ja sinnlos. Bei einem Schläger ist die einfachste Form der Beweissicherung für jeden einleuchtend: Ein Foto vom Schläger. Dies ist durch die TT-Regel A.4.8 hinreichend abgedeckt, wo es heißt: "Vor Spielbeginn ... muss der Spieler seinem Gegner und dem Schiedsrichter den Schläger zeigen, mit dem er spielen will, und muss ihnen gestatten, den Schläger zu untersuchen."
 
Der Fachbereich Schiedsrichterwesen -zuständig für Regelauslegungen im BTTV- hat hierzu die Position, dass zum Begriff "zeigen und untersuchen" mindestens alles gehört, was eine Beschädigung des Schlägers oder eine Veränderung seiner Beschaffenheit ausschließt. Dazu gehören selbstverständlich alle Aktionen, bei denen der Schläger überhaupt nicht berührt wird. Es ist also zulässig, den gegnerischen Schläger zu fotografieren.
 
Zwar ist dieses Recht genau genommen auf den Zeitpunkt vor Spielbeginn beschränkt. Da Sie als Spielleiter aber eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Schlägers zu treffen haben, steht es Ihnen zu, auch Indizien einzubeziehen, denn der Schläger liegt Ihnen ja nicht vor. Hierbei kann die Weigerung eines Spielers, ein Foto von seinem Schläger machen zu lassen, als Indiz dafür in Frage kommen, dass die vom Protestführer behauptete Regelwidrigkeit vorliegt. Denn ein anderer Grund für die Weigerung scheint zunächst nicht ersichtlich. Genau dieses Indiz müssen Sie nun abwägen. Der Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" wird dabei nicht durchbrochen, denn dem Spieler bleibt es ja unbenommen, den Schläger nachträglich vorzulegen und plausibel zu machen, dass es das Original ist (im konkreten Fall: Es würden Noppen fehlen, aber es sind mehr als 10 pro qcm vorhanden).

FALLS Sie auf Regelwidrigkeit entscheiden, so gilt: "Ein einzelnes Spiel wird ... als verloren gewertet, wenn vor dem Spiel festgestellt wird, dass der Schläger eines Spielers nicht den ITTF-Regeln entspricht und der Spieler sich weigert, unverzüglich Abhilfe zu schaffen." (WO A2, vorletzter Absatz). Das "vor dem Spiel" wäre dabei durch den rechtzeitigen Protest des Mannschaftsführers gegeben, auch wenn Sie zwangsläufig erst Tage nach dem Spiel entscheiden.