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Personal/Hintergrund  

"Wir kümmern uns im Tischtennis noch zu wenig um den Kopf"

Der neue Verbandstrainer Dustin Gesinghaus im Interview / "Fühle mich sehr gut aufgenommen"

Dustin Gesinghaus (Foto: BTTV)

Gerade einmal zwei Wochen konnte sich Dustin Gesinghaus (26) ein bisschen in Bayern einfinden, dann kam der Lockdown. Der neue Verbandstrainer - zusammen mit Krisztina Toth und Manuel Hoffmann vor allem für das Leistungszentrum in München zuständig - kam vom WTTV und konnte den Freistaat zuletzt dank der vielen dezentralen Kader-Einheiten schon gut kennenlernen. Über seine Anfangszeit beim BTTV haben wir mit ihm gesprochen.

Du bist jetzt etwas mehr als drei Monate beim BTTV. Wie fällt dein erstes Fazit aus?
Dustin Gesinghaus:
 Ich fühle mich sehr gut aufgenommen. Daran haben meine Kollegen hier in München, vor allem Kriszti und Manu, einen großen Anteil. Sie machen es einem aber leicht, sich wohlzufühlen. Leider ging zwei Wochen nach meinem Arbeitsbeginn der Corona-Lockdown los und ich fange erst jetzt an, die Kids alle richtig kennenzulernen.

Wie war der Lockdown als Newcomer beim BTTV für dich? 
Gesinghaus:
 Es war keine leichte Zeit, wenn du in einer neuen Stadt bist, praktisch niemanden kennst, aber auch niemanden sehen darfst. Zum Glück ist jetzt wieder etwas Normalität eingekehrt.

Du hast zuvor beim WTTV und mit dem dortigen Nachwuchs gearbeitet. Wie schwer fiel die Entscheidung, aus der Heimat nach Bayern zu gehen? 
Gesinghaus:
 Ehrlich gesagt waren meine Spieler dort der wichtigste Grund, warum ich mit der Entscheidung nach Bayern zu gehen, zunächst etwas gezögert hatte. Das sind Spieler, die ich schon über Jahre betreue, zu denen ich einen guten Draht habe. Das hat mir die Entscheidung tatsächlich nicht leicht gemacht. Jetzt bin ich aber glücklich, hier zu sein.

Wie schafft man es, wenn man als Trainer neu hinzukommt, das Vertrauen aufzubauen?
Gesinghaus:
 Das braucht einfach Zeit. Im Moment bin ich noch in der Kennenlernphase. Man muss auch sagen, dass ich hier in ein schon sehr gut funktionierendes System gekommen bin. Gerade im Leistungszentrum in München wird sehr gut gearbeitet, sehr diszipliniert, und die Truppe hat einen super Teamgeist. So etwas habe ich selten erlebt. Ich denke, das ist auch ein Grund für die Erfolge. Ich versuche, ein Stück weit meine Ansätze reinzubringen, und da mir wird auch das Vertrauen geschenkt.

Was sind das für Ansätze? 
Gesinghaus:
 Ich bin natürlich WTTV-geprägt. Dort wird sehr viel Wert auf Übungen gelegt, die unregelmäßige Inhalte haben. Da habe ich bei den ersten Einheiten in Bayern schon mal einen komischen Blick der Spieler geerntet, aber sie merken auch, dass es gerade bei den Älteren durchaus Sinn macht und ihnen etwas bringt.

"Das nötigt mir großen Respekt ab"

Nachdem das Training für Kaderspieler wieder möglich war, hast du viel Zeit auf Bayerns Straßen verbracht, konntest so auch das Land etwas kennenlernen. Wie erlebst du die Einheiten nach dem Lockdown?
Gesinghaus: Es läuft viel unkomplizierter ab als gedacht. Das liegt vor allem an den Spielern. Sie sind nach der Zeit, in der ihr Alltag sehr eingeschränkt war, sehr motiviert und auch dankbar. Da gibt es zum Beispiel auch keine Klagen, wenn Sie mal mit Schwächeren spielen. Ich erlebe Spieler, die richtig Bock auf ihren Sport haben. Das finde ich bemerkenswert, weil alle im Moment ohne konkretes Ziel trainieren. Trotzdem geben sie Vollgas. Das nötigt mir großen Respekt ab. 

Eines deiner Steckenpferde und Lieblingsthemen ist die Sportpsychologie. Wie kam es dazu?
Gesinghaus:
 Ich hatte mal einen Spieler im WTTV, der – sobald es einen wichtigen Wettkampf gab – zugemacht, nicht seine Leistung gebracht und verkrampft hat. Im Coaching kam man auch nicht richtig an ihn ran. Das hat mich damals zum Nachdenken gebracht. Ich habe mich dann im Bereich Sportpsychologie fortgebildet, ein Fernstudium gemacht, Bücher gelesen und auch ein Praktikum bei einer Sportpsychologin absolviert, durfte an Sitzungen teilnehmen. Später war ich in  der Lehre beim WTTV auch für diesen Bereich zuständig.

Wie ist deine Haltung zu dem Thema?
Gesinghaus:
 Wir kümmern uns meiner Meinung nach noch zu wenig um den Kopf. Dabei spielt der eine ganz wichtige Rolle. Das Schwierige bei der Sportpsychologie ist aber: Es gibt keine einheitlichen Lösungen. Außerdem gibt es häufig noch Berührungsängste mit dem Thema. Mein Appell ist, es einfach mal zu versuchen und verschiedene Ansätze auszutesten – und immer dabei auch den Spieler/die Spielerin einzubeziehen. Das ist meiner Meinung nach ganz wichtig. Insgesamt ist es ein ganz spannendes Thema.  

Kannst du mal ein Beispiel aus der Praxis geben? 
Gesinghaus:
 Ganz nützlich und praktisch finde ich zum Beispiel die „Power Cards“. Darauf ist der Spieler abgebildet, dazu seine Stärken, Leitsätze (z. B. "Das habe ich trainiert!" / "Ich bin gut in Form!") und ein kleines Drehbuch (Durchatmen - Schläger oben lassen ...). Diese Punkte werden zusammen mit dem Spieler erarbeitet und festgelegt. So eine Karte kann sich der Spieler vor einem Match oder Turnier noch mal vergegenwärtigen, um so mit einem guten Gefühl und selbstsicher in den Wettkampf zu gehen.

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